Kaffe und Tabak aus kultur- und Sozialgeschichtlicher Sicht

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Anhang Teil I: Quellen

Johann Sebastian Bach: Kaffee-Kantate, BWV 211 (1732)

Erzähler:
Schweigt stille, plaudert nicht und höret
was jetz und geschicht.
Da kömmt Herr Schlendrian mit seiner Tochter Lieschen her,
er brummt ja wie ein Zeidelbär, Hört selber, was sie ihm getan.

Schlendrian:
Hat man nicht mit seinen Kindern hunderttausend Huddelei!
Was ich immer alle Tage meiner Tochter Lieschen sage,
gehet ohne Frucht vorbei.

Schlendrian:
Du böses Kind, du böses Mädchen, ach!
Wenn erlang ich meinen Zweck, tu mir den Coffee weg!

Lieschen:
Herr Vater, seid doch nicht so scharf!
Wenn ich des Tages nicht dreimal mein Schälchen Coffee trinken darf,
so wird ich ja zu meiner Qual wie ein verdorrtes Ziegenbrätchen.

Lieschen:
Ei! wie schmeckt der Coffee süße,
lieblicher als tausend Küsse, milder als Muskatenwein.
Coffee, Coffee muß ich haben,
und wenn jemand mich will laben,
ach, so schenkt mir Coffee ein.

Schlendrian:
Wenn du mir nicht den Coffee läßt,
so sollst du auf kein Hochzeitsfest
auch nicht spazieren gehen.

Lieschen:
Ach ja! Nur lasset mir den Coffee da!

Schlendrian:
Da hab ich nun den kleinen Affen!
Ich will dir keinen Fischbeinrock nach jetzger Weite schaffen.

Lieschen:
Ich kann mich leicht dazu verstehn.

Schlendrian:
Du sollst nicht an das Fenster treten,
und keinen sehn vorübergehn.

Lieschen:
Auch dieses, doch seid nur gebeten,
und lasset mir den Coffee stehn!

Schlendrian:
Du sollst auch nicht von meiner Hand
ein silbern oder goldnes Band
auf deine Haube kriegen.

Lieschen:
Ja, ja, nur laßt mir mein Vergnügen!

Schlendrian:
Du loses Lieschen du, so gibst du mir denn alles zu.

Schlendrian:
Mädchen, die von harten Sinnen,
sind nicht leichte zu gewinnen.
Doch trifft man den rechten Ort,o!
So kömmt man glücklich fort.

Schlendrian:
So folge, was dein Vater spricht!

Lieschen:
In allem, nur den Coffee nicht.

Schlendrian:
Wohlan! So mußt du dich bequemen,
auch niemals einen Mann zu nehmen.

Lieschen:
Ach ja! Herr Vater, einen Mann!

Schlendrian:
Ich schwöre, daß es nicht geschicht.

Lieschen:
Bis ich den Coffee lassen kann?
Nun! Coffee, bleib nur immer liegen!
Herr Vater, hört, ich trinke keinen nicht.

Schlendrian:
So sollst Du endlich einen kriegen.

Lieschen:
Heute noch, lieber Vater, tut es doch.
Ach, ein Mann! Wahrlich dieser steht mir an.
Wenn es sich doch balde fügte,
daß ich endlich für Coffee, eh ich noch zu Bette geh,
einen wackern Liebsten kriegte.

Erzähler:
Nun geht und sucht der alte Schlendrian,
wie er für seine Tochter Lieschen bald einen Mann verschaffen kann,
doch Lieschen streuet heimlich aus:
kein Freier komm mir in das Haus,
er hab es mir denn selbst versprochen
und rück es auch der Ehestiftung ein,
daß mir erlaubet möge sein,
den Coffee, wenn ich will, zu kochen.

Alle:
Die Katze läßt das Mausen nicht,
Die Jungfern bleiben Coffeeschwestern.
Die Mutter liebt den Coffeebrauch,
die Großmama trank solchen auch,
wer will nun auf die Töchter lästern.

 


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