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 6. Schußwaffengebrauch und BandenkriminalitätFast täglich kann man in den Vorabend- und Abendprogrammen der verschiedensten Fernsehanstalten Filme sehen, die
							in Banden agierenden Drogenhändler zeigen, die mit teuren Autos schwer bewaffnet schießwütig in den Vororten der Großstädte ihr
							Unwesen treiben. Diese Bilder prägten über die Jahre hinweg die Vorstellungen der meisten Bürger, die sie von Drogenhändlern haben.
							Die Realität sieht in Deutschland jedoch sehr anders aus und hat mit den in den Fernsehfilmen vermittelten reißerischen Bildern überhaupt
							nichts zu tun.   
 6.1. SchußwaffengebrauchDie Daten der polizeilichen Kriminalitätsstatistik sind für die Jahre ab 1987 vollständig auf der Website des Bundeskriminalamtes
							veröffentlicht. In der Tabelle 1 sind dort bei jeder Schlüsselzahl (Straftaten mit Angabe zu den entsprechenden §§ in den Gesetzestexten)
							in zwei Spalten jeweils angezeigt, in wie vielen Fällen im Zusammenhang mit dieser Straftat mit einer Schußwaffe gedroht wurde oder
							auch geschossen wurde. Bei den für diesen Zeitraum von 16 Jahren 2.588.765 aufgelisteten Delikte wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz (
							einfache Verstöße, Handel und Schmuggel, Einfuhr von "nicht geringen Mengen", Anbau, Herstellung, Bereitstellung von Geldmitteln, und
							so weiter) findet man einen einzigen Eintrag außer Null im Jahre 1995. In allen anderen Jahren registrierte die Polizei in Deutschland
							kein Delikt im Zusammenhang mit Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz, bei dem nachweislich mit einer Schußwaffe gedroht wurde
							oder gar geschossen wurde. Auch im Jahr 1995 wurde nicht geschossen, sondern im Zusammenhang mit der Abgabe, Verabreichung oder Überlassung
							von Betäubungsmitteln an Minderjährige in zwei Fällen mit einer Schußwaffe gedroht. Das heißt statistisch gesehen, daß in den letzten
							16 Jahren in 0,000 077% aller Fälle oder in weniger als einem Fall pro Million erfaßter Delikte mit der Schußwaffe gedroht wurde und
							in 0,000% der Fälle oder in keinem einzigen Fall bei mehr als 2,5 Millionen erfaßten Delikte von der Schußwaffe Gebrauch gemacht wurde
							und dabei geschossen wurde. Zum Vergleich: In Deutschland wird jährlich in etwa 18.000 Fällen bei Straftaten eine Schußwaffe eingesetzt, wobei
							in 12.000 Fällen "nur" mit der Schußwaffe gedroht wird und in 6.000 Fällen auch von der Schußwaffe Gebrauch gemacht und geschossen
							wird. Die schlimmsten Verbrechen (Mord und Totschlag) geschehen übrigens mehrheitlich innerhalb der Verwandtschaft und
							im engeren Bekanntenkreis. Im Jahr 2002 wurden beispielsweise 412 Frauen und Mädchen in Deutschland ermordet oder totgeschlagen.
							52,4% der Täter oder Tatverdächtigen waren Verwandte (direkte Familienangehörige oder Verlobte, Verschwägerte, Geschiedene, Pflegeeltern
							oder -kinder) und 28,9% waren Bekannte, insgesamt stammten also 81,3% der Täter aus dem aller nächsten oder nahen Umfeld der Opfer.
							Männliche Opfer eines Mordes oder Totschlages wurden 543 Personen im Jahr 2002 in Deutschland. Hier stammten 25,4% der Täter aus der
							Verwandtschaft und 33,1% aus dem näheren Bekanntenkreis, insgesamt also 58,5% aus dem nahen oder näheren Umfeld des Opfers. In diesen
							Zahlen sind die Opfer von versuchten (und mißlungenen) Mordanschlägen und versuchten Totschlägen nicht enthalten. 649 Frauen und 1.352
							Männer, insgesamt also 2.001 Personen, waren letztes Jahr Opfer eines versuchten Mordes oder Totschlages. Bei über 40% der Totschlagdelikte
							handelten die Täter unter Alkoholeinfluß. Gemäß Statistik des Bundeskriminalamtes können also Drogenhändler in Deutschland nicht zu den gewalttätigen Personenkreise
							gezählt werden, die mit Pistolen und Revolver ihre Kontrahenten einfach niederschießen. Im Umfeld der Beschaffungskriminalität zur
							Beschaffung von Geldmitteln zum Erwerb von Betäubungsmitteln werden jedoch mehr Gewaltdelikte registriert als im Umfeld "gewöhnlicher"
							Kriminalität. Die Beschaffungskriminalität wird jedoch nicht mit den Mitteln der Repression, sondern mit Substitutionsprogrammen
							und Originalstoffvergabe am besten eingedämmt und bekämpft.   6.2. BandenkriminalitätIn den Medien konnte man jahrelang immer wieder von der zunehmenden "organisierten Kriminalität" im Zusammenhang
							mit Betäubungsmitteln lesen und/oder hören. Auch wurde die sogenannte Bandenkriminalität immer wieder hervorgehoben. Im Betäubungsmittelgesetz werden diejenigen, die innerhalb einer Bande agieren, mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei
							Jahren bedroht, in minder schweren Fällen ist eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren anzusetzen. Gemäß § 30 Abs.
							1 Nr. 1 wird mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren bestraft, wer Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt oder mit ihnen
							Handel treibt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten
							verbunden hat. Gemäß § 30a Abs. 1 wird mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft, wer Betäubungsmittel in nicht geringer
							Menge unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie ein- oder ausführt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied
							einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat. Wenn Gerichte den Tatbestand eines Handelns innerhalb einer Bande anerkennen und für bewiesen erachten, dann handelt
							es sich meistens um minderschwere Fälle, die vorwiegend von Jugendlichen begangen wurden Der Begriff der Bande ist nämlich definiert
							als Zusammenschluß von mindestens drei Personen, die sich mit dem Willen verbunden haben, künftig für eine gewisse Dauer mehrere
							selbständige, im einzelnen noch ungewisse Straftaten des im Gesetz genannten Deliktstyps zu begehen. Die Mitglieder der Bande können
							in der Bande ihre eigenen Interessen an einer risikolosen und effektiven Tatausführung und Beute- oder Gewinnerzielung verfolgen. Danach
							unterscheidet sich die Bande von der Mittäterschaft durch das Element der auf eine gewisse Dauer angelegten Verbindung mehrerer Personen
							zu zukünftiger gemeinsamer Deliktsbegehung. Mitglied einer Bande kann auch sein, wem nach der – stillschweigend möglichen – Bandenabrede
							nur Aufgaben zufallen, die sich bei wertender Betrachtung als Gehilfentätigkeiten darstellen. 47  Die hier dargestellte heute Rechtsgültige
							Auffassung des Bundesgerichtshofes wurde bis zum März 2001 vom Generalbundesanwalt angefochten. Dieser wollte den Begriff in erweiterter
							Form definiert wissen, insbesondere vertrat er die Ansicht, daß bereits zwei Personen als Bande definiert werden können, was in der
							Rechtspraxis bis zum Jahr 2001 auch von einigen Gerichtsinstanzen so gesehen wurde. Aufgrund dieser Tatsache sind angegebene Zahlen
							zur Häufigkeit des Vorkommens von Bandenkriminalität aus den Jahren vor 2001 mit denen aus den Jahren nach 2001 nur bedingt miteinander
							vergleichbar. Dem Bundesgerichtshof wurden die beiden folgenden Fragen zur Klärung vorgelegt: 
							Setzt der Begriff der Bande eine Verbindung von mehr als zwei Personen voraus?Erfordert der Tatbestand des Bandendiebstahls das zeitliche und örtliche Zusammenwirken von (mindestens) zwei
								Bandenmitgliedern? 
 Der Generalbundesanwalt war zur ersten Vorlegungsfrage der Auffassung, es seien keine Gründe von Gewicht erkennbar,
						die Anlaß geben könnten, die gefestigte Rechtsprechung aufzugeben, daß die Verbindung von zwei Personen genügt, um die Anforderungen
						eines Bandendelikts zu erfüllen. Hinsichtlich der zweiten Vorlegungsfrage vertrat er die Auffassung, daß der Tatbestand des Bandendiebstahls
						kein örtliches und zeitliches Zusammenwirken von wenigstens zwei Bandenmitgliedern erfordere. Dies werde weder vom Gesetzeswortlaut vorgegeben,
						noch sei dies aus anderen zwingenden Gründen geboten. Dem Erfordernis der Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds sei Genüge getan,
						wenn ein Bandenmitglied am Wegnahmeort tätig werde und ein irgendwie geartetes Zusammenwirken beim Diebstahl mit einem anderen Bandenmitglied
						hinzukomme. Der Generalbundesanwalt hatt deshalb beantragt zu beschließen: 
						Der Begriff der Bande setzt eine Verbindung von mehr als zwei Personen nicht voraus.Der Tatbestand des Bandendiebstahls erfordert nicht, daß mindestens zwei Bandenmitglieder die Tat in örtlichem und zeitlichem
							Zusammenwirken begehen. 
 Der Große Senat für Strafsachen beantwortete die vorgelegten Rechtsfragen wie aus der Entscheidungsformel ersichtlich. "I.	Zum Bandenbegriff Der Begriff der Bande setzt den Zusammenschluß von mindestens drei Personen voraus, die sich
          		mit dem Willen verbunden haben, künftig für eine gewisse Dauer mehrere selbständige, im einzelnen noch ungewisse Straftaten des im
          		Gesetz genannten Deliktstyps zu begehen. Ein "gefestigter Bandenwille" oder ein "Tätigwerden in einem übergeordneten Bandeninteresse"
          		ist nicht erforderlich. 
	          	Der Tatbestand des Bandendiebstahls (§ 244 Abs. 1 Nr. 2 StGB) schreibt, wie die anderen Vorschriften des
	          		Strafgesetzbuchs und des Nebenstrafrechts, die an das Merkmal der bandenmäßigen Begehung anknüpfen, keine Mindestzahl vor, ab der
	          		ein Zusammenschluß von Personen zu kriminellem Tun als eine Bande anzusehen ist. Nach der ständigen Rechtsprechung genügte für den
	          		Begriff der Bande eine auf einer ausdrücklichen oder stillschweigenden Vereinbarung beruhende Verbindung von mindestens zwei Personen,
	          		die sich mit dem ernsthaften Willen zusammengeschlossen haben, für eine gewisse Dauer in Zukunft mehrere selbständige, im einzelnen
	          		noch unbestimmte Taten eines bestimmten Deliktstyps zu begehen (BGHSt 23, 239; 38, 26, 31; BGH bei Dallinger MDR 1973, 555; BGH StV
	          		1984, 245; NStZ 1986, 408; BGHR StGB § 250 Abs. 1 Nr. 4 Bande 1); für eine Bande war weder eine gegenseitige Verpflichtung der Mitglieder
	          		zur Begehung solcher Delikte noch die Bildung einer festen Organisation vorausgesetzt (BGHSt 31, 203, 205; 42, 255, 258, BGH GA
	          		1974, 308; BGH bei Holtz MDR 1977, 282). 
Der so umschriebene Bandenbegriff wird in weiten Teilen des Schrifttums seit vielen Jahren abgelehnt (vgl. etwa
	          		Dreher NJW 1970, 1802; Tröndle GA 1973, 325, 328; Geilen Jura 1979, 445, 446; Schünemann JA 1980, 393, 395; Schild NStZ 1983, 69,
	          		70). Die Einwände verstärkten sich nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer
	          		Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität (OrgKG) vom 15. Juli 1992 (BGBl. I S. 1302), mit dem, ohne die Bande gesetzlich
	          		zu definieren, neue Bandendelikte geschaffen (§ 260 Abs. 1 Nr. 2, § 260 a Abs. 1 StGB) und die Strafdrohung bereits vorhandener
	          		Bandendelikte unter bestimmten weiteren Voraussetzungen verschärft wurden (§ 244 a Abs. 1 StGB, § 30 a Abs. 1 BtMG). Der Annahme,
	          		der Zusammenschluß von zwei Personen genüge für eine Bande, wird von der überwiegenden Meinung in der Literatur hauptsächlich
	          		entgegengehalten, daß eine Willensbildung als gruppendynamischer Prozeß erst innerhalb einer größeren Gruppe entstehe und die
	          		Gefährlichkeit einer Bande erst bei mehr als zwei Mitgliedern unabhängig vom Aus- oder Hinzutreten einzelner Mitglieder gegeben
	          		sei (so in jüngster Zeit Erb NStZ 1999, 187; Endriß StV 1999, 445; Otto StV 2000, 313; Engländer JZ 2000, 630; Hohmann NStZ 2000,
	          		258; Schmitz NStZ 2000, 477).
 Trotz der erheblichen Kritik am herkömmlichen Bandenbegriff hat die Rechtsprechung bisher keinen Anlaß gesehen, ihre Definition
	          		der Bande zu ändern; sie hat es auch nicht für gerechtfertigt gehalten, den vom Bundesverfassungsgericht (NJW 1997, 1910, 1911)
	          		gebilligten Begriff der Bande durch das Erfordernis organisatorischer Strukturen restriktiv auszulegen (BGH StV 1997, 592, 593;
	          		BGHR BtMG § 30 a Bande 3). Da auch nach Auffassung der Rechtsprechung die bandenmäßige Tatbegehung eine gegenüber der Mittäterschaft
	          		gesteigerte, über die aktuelle Tat tendenziell hinausreichende deliktische Zusammenarbeit darstellt, hat sie - insbesondere bei
	          		Verbindung von zwei Personen – aber zusätzlich verlangt, daß die Täter eines Bandendelikts ein gemeinsames übergeordnetes Bandeninteresse
	          		verfolgt haben (BGHSt 42, 255, 259; BGH NStZ 1997, 90, 91; 1998, 255 m. Anm. Körner; BGHR BtMG § 30a Bande 8). Sie hat zur Abgrenzung
	          		der Bande von der mittäterschaftlichen Arbeitsteilung darauf abgestellt, ob ein über die jeweiligen Individualinteressen der Beteiligten
	          		hinausgehender gefestigter Bandenwille vorgelegen hat (BGH NJW 1996, 2316, 2317). Dazu hat sie Kriterien zu entwickeln versucht,
	          		mit deren Hilfe der Begriff der Bande inhaltlich näher umschrieben und konkreter gefaßt werden sollte. Als Voraussetzung für die
	          		Annahme einer Bande bei Zwei-Personen-Verbindungen verlangten zuletzt alle Strafsenate des Bundesgerichtshofs ein Handeln mit
	          		gefestigtem Bandenwillen, wobei ein solcher, auf gewisse Dauer angelegter und verbindlicher Gesamtwille dann angenommen wurde,
	          		wenn die Täter ein gemeinsames übergeordnetes Bandeninteresse verfolgt hatten (BGH NStZ 1996, 443; 2001, 32, 33; NJW 1998, 2913;
	          		StV 1998,599).
 
Diese in jüngerer Zeit entfalteten Bemühungen der Rechtsprechung um die Entwicklung sinnvoller und praktikabler
	          		Kriterien, die vor allem bei Zwei-Personen-Verbindungen eine dem Einzelfall gerecht werdende Abgrenzung von bandenmäßigen und anderen
	          		Zusammenschlüssen erlauben sollen, haben zu neuen Schwierigkeiten bei der Auslegung geführt. Sie rücken die Bandentat in die Nähe
	          		des Organisationsdelikts der kriminellen Vereinigung des § 129 StGB, obwohl die Bandendelikte, auch nach den Entscheidungen, die
	          		von der Notwendigkeit eines verbindlichen Gesamtwillens und der Verfolgung eines übergeordneten Bandeninteresses ausgehen, keine
	          		Organisationsdelikte sind (vgl. BGHSt 42, 255, 258; BGH NStZ 1996, 339, 340; BGHR BtMG § 30 a Bande 9).
 Hinzu kommt, daß es bisher nicht gelungen ist, die materiellrechtlichen Voraussetzungen eines "auf gewisse Dauer angelegten gefestigten
	          		Bandenwillens" oder des "übergeordneten Bandeninteresses" konkret zu umschreiben und rechtliche Maßstäbe festzulegen, die es den
	          		Tatgerichten ohne weiteres ermöglichen, im Einzelfall unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu prüfen
	          		und zu entscheiden, ob ein Zusammenschluß von zwei Personen eine Bande darstellt (vgl. Tröndle/Fischer, StGB 50. Aufl. § 244
	          		Rdn. 19 a; Franke/Wienroeder, BtMG 2. Aufl. § 30 Rdn. 8).
 
Die wenig befriedigenden Lösungsversuche der Rechtsprechung verlangen ein Überdenken der materiellrechtlichen
	          		Voraussetzungen einer Bande.
 Dies gilt verstärkt deshalb, weil das ursprünglich homogene Bild weniger Bandendelikte – Bandendiebstahl, Bandenraub und bandenmäßiger
	          		Schmuggel –, die aufgrund ihrer geringen Anzahl in ihrem gemeinsamen Regelungsbereich, nämlich dem bandenmäßigen Zusammenschluß
	          		und der bandenmäßigen Tatbegehung, überschaubar und in bezug auf die rechtlichen Voraussetzungen in sich stimmig festzulegen waren,
	          		nicht mehr besteht. Die genannten Bandendelikte sind mittlerweile durch eine Vielzahl von verschiedenen Straftatbeständen ergänzt
	          		worden, in denen die bandenmäßige Begehung entweder als tatbestandliches Qualifikationsmerkmal oder als Regelbeispiel eines besonders
	          		schweren Falles aufgeführt wird. Hierdurch sind die ehemals aus der Menge der Straftatbestände hervorgehobenen Bandendelikte zu
	          		Delikten der modernen Massenkriminalität abgewandelt worden (vgl. Hassemer StV 1993, 664).
 
 
 
	          			Angesichts der fehlgeschlagenen Bemühungen der Rechtsprechung, unter Beibehaltung der Verbindung
	          				von zwei Personen als Mindestvoraussetzung für eine Bande den Bandenbegriff durch zusätzliche Kriterien inhaltlich näher zu bestimmen,
	          				ist es sinnvoll und geboten, für eine Bande den Zusammenschluß von mindestens drei Personen zu kriminellem Tun vorauszusetzen.
	          				Der Wortlaut des § 244 Abs. 1 Nr. 2 StGB und der Wortlaut der übrigen Tatbestände der Bandendelikte lassen sowohl die Annahme
	          				einer aus zwei Personen bestehenden Bande als auch die Anhebung der Mindestzahl der Bandenmitglieder auf drei Personen zu. Diese
	          				Erhöhung der Mindestmitgliederzahl ist ein einfaches und erfolgversprechendes Mittel, um die Abgrenzung der wiederholten
	          				gemeinschaftlichen Tatbegehung durch Personen, die nur Mittäter sind, von derjenigen der bandenmäßigen Begehung zu vereinfachen.
	          				Sie erleichtert die Abgrenzung vor allem auch in der praktischen Rechtsanwendung durch die Tatgerichte, da Zwei-Personen-Zusammenschlüsse
	          				von vornherein nicht mehr dem Bandenbegriff unterfallen. Die Anhebung der Mindestmitgliederzahl einer Bande von zwei auf drei
	          				dient damit der Rechtssicherheit und der einheitlichen Rechtsanwendung.Zu einer weiteren Einschränkung des Bandenbegriffs besteht kein Anlaß. Insbesondere bieten
	          				die Entstehungsgeschichte und die Gesetzesmaterialien des OrgKG und der nachfolgenden Reformgesetze keinen Anhalt dafür, daß der
	          				Gesetzgeber die Bande als eine kriminelle Erscheinungsform mit einem Mindestmaß konkreter Organisation oder festgelegter Strukturen
	          				verstanden hat und verstanden wissen wollte (vgl. BT-Drucks. 12/989 S. 20 f., 25). Er hat die Bande lediglich als mögliche Keimzelle
	          				der Organisierten Kriminalität gesehen und als Anknüpfungsmerkmal für erhöhte Strafdrohungen gewählt, indem er die schon im Strafgesetzbuch
	          				vorhandenen Merkmale der "gewerbsmäßigen" und "bandenmäßigen" Tatbegehung als besonders "organisationsverdächtig" aufgegriffen hat (vgl.
	          				Begründung zum Gesetzentwurf des Bundesrats vom 26. April 1991 - BR-Drucks. 219/91 S. 78). In diesem Zusammenhang sollte der Begriff
	          				der Bande nicht (neu) definiert werden. Es ist mit der früheren Rechtsprechung davon auszugehen, daß ein bandenmäßiger Zusammenschluß
	          				mehrerer Personen lediglich voraussetzt, daß diese sich mit dem Willen verbunden haben, künftig für eine gewisse Dauer mehrere
	          				selbständige im einzelnen noch ungewisse Straftaten der im Gesetz beschriebenen Art zu begehen.
 Die Bande unterscheidet sich danach von der Mittäterschaft durch das Element der auf eine gewisse Dauer angelegten Verbindung
	          				mehrerer Personen zu zukünftiger gemeinsamer Deliktsbegehung. Von der kriminellen Vereinigung unterscheidet sich die Bande dadurch,
	          				daß sie keine Organisationsstruktur aufweisen muß und für sie kein verbindlicher Gesamtwille ihrer Mitglieder erforderlich ist,
	          				diese vielmehr in einer Bande ihre eigenen Interessen an einer risikolosen und effektiven Tatausführung und Beute- oder Gewinnerzielung
	          				verfolgen können.
 
Der Änderung der Rechtsprechung zur Mindestzahl der Bandenmitglieder steht nicht der Umstand
	          		entgegen, daß der Gesetzgeber bei den Änderungen des materiellen Strafrechts den in der Rechtsprechung entwickelten Bandenbegriff
	          		zugrundegelegt hat.
 Zwar läßt sich aus den Gesetzesnovellierungen der letzten Jahrzehnte eine gesetzgeberische Bestätigung des von der Rechtsprechung
	          		definierten Bandenbegriffs ableiten (vgl. BGHSt 38, 26, 28; Wessels/Hillenkamp BT/2, 23. Aufl. § 4 III 1 Rdn. 271; Sya NJW 2001,
	          		343, 344). Hingegen ist eine gesetzliche Festlegung oder Umschreibung des Bandenbegriffs, etwa in § 11 StGB, unterblieben, obwohl
	          		dem Gesetzgeber die seit mehr als 30 Jahren kontrovers geführte Diskussion zum Bandenbegriff nicht entgangen sein kann. Damit hat
	          		er es ersichtlich weiter der Rechtsprechung überlassen, den Begriff der Bande inhaltlich zu bestimmen; er hat ihr damit auch die
	          		Möglichkeit eingeräumt, Entwicklungen in der Rechtspraxis Rechnung zu tragen, wenn es zur Gewährleistung der Rechtssicherheit oder
	          		der einheitlichen Rechtsanwendung erforderlich ist.
 
 [...]"
 Vor dem Hintergrund, daß bis zu diesem Entscheid des Bundesgerichtshofes bereits zwei Personen eine Banden bilden
	        	konnten und nach diesem Entscheid die Feststellung rechtsverbindlich war, daß es keinen Anhalt dafür geben muß, daß die Bande mit einem
	        	Mindestmaß konkreter Organisation oder festgelegter Strukturen verbunden sein muß und zudem, daß ein bandenmäßiger Zusammenschluß mehrerer
	        	Personen lediglich voraussetzt, daß diese sich mit dem Willen verbunden haben, künftig für eine gewisse Dauer mehrere selbständige
	        	im einzelnen noch ungewisse Straftaten der im Gesetz beschriebenen Art zu begehen, ist die Zahl der bandenmäßig erfaßten Delikte außerordentlich
	        	gering, wie aus den folgenden Graphiken Nr. 30 und Nr. 31 entnommen werden kann.
 Graphik 30: Erfaßte Delikte – Zeitreihe: Anteil organisierte Bandenkriminalität in Prozent
     Berechnet auf Basis der Daten von: BKA: PKS Zeitreihe 1987 bis 2002, Wiesbaden 2003, Tab. 1, Schlüsselzahlen 7300 und
							7342
 
 Im Jahr 2002 (2001) wurden von 250.969 (246.518) erfaßten Delikten nur 339 (396) als Bandendelikte registriert.
 Graphik 31: Tatverdächtige – Zeitreihe: Anteil organisierte Bandenkriminalität in Prozent
     Berechnet auf Basis der Daten von: BKA: PKS Zeitreihe 1987 bis 2002, Wiesbaden 2003, Tab. 20, Schlüsselzahlen
							7300 und 7342
 
 Im Jahr 2002 (2001) wurden von 205.962 (202.281) erfaßten Tatverdächtigen gerade einmal 466 (496) als
							Bandenmitglieder registriert.   |