Drogenpolitik
Ein offenes Wort an die Grünen

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3. Präventive Drogenpolitik

"Präventive Drogenpolitik", was ist das überhaupt? Das Wort hat so einen komischen Geruch, wie "Präventivschlag". Ich vermute, der präventive Führerscheinentzug für Haschischraucher gehört dazu. Wie weit ist ein Staat gekommen, der sich eine solch perfide Repressalie für jene Bürger ausdenkt, die nicht ganz so wollen, wie er will, eine Strafe, die so empfindlich trifft, daß die gute alte Auspeitschung geradezu human dagegen wirkt, ohne jede Einspruchsmöglichkeit für die Betroffenen und durch nichts gerechtfertigt, weder durch medizinische Standards noch irgendwelche Statistiken, auf nichts als die vage Vermutung eines zukünftigen Vergehens hin, eine Strafe, die vom Staat direkt verhängt wird, ohne den lästigen Umweg über die Gerichte? Quo vadis? Kann ein Staat, in dem dies Usus ist, sich noch Rechtsstaat nennen? Eine Regierung, die diesen unsäglichen Zustand duldet, macht sich nicht nur mitschuldig an der Bürokratenwillkür, im Gegenteil, da niemand sonst dies ändern kann, trifft sie die alleinige Schuld. Mitschuldig aber macht sich, wer nur in dieser Regierung sitzt und nichts dagegen tut. Und diesen Schuh müßt ihr euch anziehen, ob ihr wollt oder nicht. Und zu versichern, man wolle dies ändern, fruchtet bei mir nicht mehr. Ihr hattet schon mal vier Jahre Zeit und es ist nichts geschehen!

"Präventive Drogenpolitik", das soll wohl heißen, im Vorfeld verhindern. Also wieder Propaganda statt Aufklärung, dieselbe alte Leier. Alle Drogen sind böse, böse, böse. Merkt euch das, liebe Kinder, und nascht nie von diesem Baum! Ungemein glaubhaft und wirksam. Und wo soll das denn sein, das Vorfeld, im Kindergarten? Für die Kids ist alles interessant, was verboten ist. Ein Naturgesetz. Wie wäre es denn, wenn über eine Freigabe diese Neugier präventiv verhindert würde? Aber so war es wohl nicht gemeint. Wohl eher im Sinne von präventiver Kontrolle, Strafverfolgung, Verhaftung. Wie gehabt. Früher wurde man auch schon mal präventiv erschossen, aber ganz soweit wird man wohl im Moment noch nicht gehen... .

Insgesamt gesehen, schadet der Kampf gegen die Drogen der Menschheit weit mehr als es die Drogen selbst jemals könnten. Der einzige Nutznießer ist die organisierte Kriminalität, die mittlerweile soviel Kapital angehäuft hat, daß sie damit ganze Staaten kaufen kann (Wenn mir in diesem Zusammenhang jemand überzeugend glaubhaft machen könnte, der italienische Regierungschef Berlusconi sei keine Mafia-Marionette, wäre ich ihm dankbar). So stimmen denn auch an diesem Punkt die Intentionen des Staates und des organisierten Verbrechens vollkommen überein: Beide sind alles andere als an einer Legalisierung interessiert. Ein Schelm, wer böses dabei denkt. Wie lange noch, oh Herr? Was von Regierungsseite her über Drogen verzapft wird, egal ob von es von Schmidt, Kohl, Schröder kommt, ist immer der gleiche Schwachsinn, der durch die gebetsmühlenhafte Wiederholung kein bißchen wahrer wird. Und mit fundierter Argumentation dagegen anzukämpfen, gleicht dem Versuch, einem tauben und völlig verkalkten Greis die Quantenmechanik nahe zu bringen.

 

3.1 Drogen- und suchtbedingte Probleme müssen reduziert werden

"Die drogen- und suchtbedingten Probleme unserer Gesellschaft müssen reduziert werden."

Oh ja. Aber was hat das erstens mit Cannabis zu tun? Es hat nie ein Cannabisproblem gegeben, nur ein Cannabis-Verfolgungs-Problem. Und zweitens ist eine Wendung um 180 Grad nötig, nicht nur eine Kurskorrektur um, sagen wir mal, 5 Grad, wenn wir endlich in die längst überfällige richtige Richtung fahren wollen. Der Kampf gegen Drogen ist ein Kampf gegen Windmühlen, das lehrt alle Erfahrung mit Prohibition, zu allen Zeiten. Genauso gut könnte man schlechtes Wetter verbieten. Wer weiß denn heute noch, daß man einst im Preußen Friedrichs II. für den Besitz von Kaffee ins Gefängnis kommen konnte? Oder daß im Rußland des 17. Jahrhunderts der Tabak verboten war – bei Todesstrafe, wohlgemerkt! Nun, was haben sie genützt, diese Verbote? Und so wie wir heute darüber lächeln, wird man in der Zukunft beispielsweise über die Cannabisprohibition lächeln. Die Frage ist nur, in welcher Zukunft, des nächsten Jahrzehnts, Jahrhunderts oder Jahrtausends? Wann wird eine Regierung endlich erkennen, daß dieser Kampf niemals zu gewinnen ist, nie zu gewinnen war und es nie sein wird? Mit Kosmetik allein ist es nicht getan. Nicht Fixerstuben brauchen wir, wo sich verelendete, obdachlose Gestalten ihren Schuß setzen können, nein. Was wir brauchen, ist ein gesellschaftliches Klima, in dem diese Menschen sich diesen Schuß im eigenen Wohnzimmer setzen können, mit sauberem, unverpantschtem Stoff aus der Apotheke zu zivilen, nicht vom organisierten Verbrechen diktierten Preisen. Das muß das Ziel einer Drogenpolitik sein, die diesen Namen verdient. Integration, nicht Ausgrenzung, Verständnis, nicht Strafe. 9 * Doch weit davon entfernt, weit. Nach dieser Wahl glaubten viele, einen Silberstreif am Horizont zu sehen, doch der Koalitionsvertrag aus dem Jahr 2002 offenbart nur, wie tief die Nacht noch ist.

Einst sind die Grünen mit dem Anspruch angetreten, respektlos die Finger auf jene Wunden zu legen, die die anderen nicht anzurühren wagten, jene Probleme in Angriff zu nehmen, die von den etablierten Parteien entweder ignoriert oder gar nicht gesehen werden. Und das ist eben nicht nur der Umweltschutz – den hat mittlerweile sogar die CSU entdeckt. Der Schutz von Minderheiten, steht der nicht auch irgendwo im Programm? Aber die Millionen Dopeuser sind ja keine schützenswerte Minderheit, das ist nichts als eine Bande von Gesetzlosen, gegen die mit unbarmherziger Härte vorgegangen werden muß. Oder ist dies etwa nicht die unausgesprochene Meinung eures Koalitionspartners, der es weitaus lieber sähe, wenn der Verfo lgungsdruck noch erhöht würde, dem der Knast noch nicht voll genug ist? Ein feiner Partner, fürwahr. Sage mir, mit wem du koalierst und ich sage dir, wer du bist.

 

3.2 Von geringen straffreien Mengen

Und das halbherzige, verlogene Herumdoktern mit so genannten straffreien geringen Mengen bringt doch nichts. Vielleicht lohnt es sich, da mal nachzuhaken: Nachdem ich also eine Straftat begangen habe, (Erwerb) darf ich nun dieses illegal erworbene eine Gramm (Obergrenze in Thüringen) rauchen, ohne gleich mit Knast rechnen zu müssen. Gut. Wenn ich nun, sagen wir mal, jede Woche ein Gramm rauchen will, muß ich diese Straftat eben jede Woche begehen. Sollte ich mich aber ökonomisch verhalten und etwa zehn Gramm auf einmal erwerben, eine Handlung, die mir nicht nur Geld sondern auch neun weitere Straftaten ersparen würde, tritt automatisch § "Nicht Geringe Menge" in Kraft, was mich vor den Kadi bringt. Welches kranke Gehirn denkt sich solche Scheiße eigentlich aus?

Behalten darf ich dieses ach so straffreie Gramm, sollte ich damit erwischt werden, jedoch nicht. Es wird natürlich sofort konfisziert, woraufhin eine Woche später ein Schreiben der Führerscheinstelle bei mir eintreffen wird, das mich 20,- € Gebühren kostet und mich auffordert, sofort einen Termin für die fällige MPU (Kosten ca. 500,- €) mitzuteilen, andernfalls würde der Lappen entzogen. (Um so ein Schreiben zu bekommen, brauche ich übrigens keineswegs eine Droge nachweisbar erworben zu haben – es genügt der Verdacht.) Und wenn ich nun mit Mühe dieses Geld aufgebracht und die MPU über mich ergehen lasse, tue ich gut daran, nachzuweisen, daß ich nicht etwa ein Gewohnheitsraucher bin – denn dann bin ich mit Sicherheit nicht fähig ein Kfz zu führen; die fünfunddreißig Jahre unfallfreie Fahrpraxis, die auf vielen hunderttausend Kilometern bewiesene Fähigkeit und das Nichtvorhandensein von Punkten in Flensburg, der sichere Verlust des Arbeitsplatzes und die Folgen für die Familie zählen nicht, die ändern daran nicht das Geringste – in diesem Spiel gibt es keine Pluspunkte. Vor diesem Stein heulst du vergebens, mein Freund, den wirst du nicht erweichen. Ein Gewohnheitsraucher könnte ja (im Gegensatz zu allen anderen) unter Drogeneinfluß fahren, und das muß unter allen Umständen verhindert werden, Punktum! Wer sehnte sich in einer solchen Situation nicht nach der schönen, freien Welt der Strafjustiz, wo man Einspruch erheben, sich verteidigen kann, wo abgewogen wird, wo die Möglichkeit der Gnade immerhin existiert, wo es, wenn schon nicht Gerechtigkeit, so doch Recht gibt, wo die erste Instanz nicht zugleich die Letzte ist? Daß ich mich bei alledem nicht strafbar gemacht habe, was zählt denn diese Bagatelle noch? 10 *

"Straffreie geringe Menge", zum Teufel damit! Spart euch diese Heuchelei!

Wenn ihr glaubt, diese Schelte sei unverdient, dann wartet mal ab, das schlimmste kommt erst noch. Eine so richtungweisende Entscheidung wie die Freigabe bisher strengstens verbotener, verfemter, ja verteufelter Substanzen bedarf einer vorangehenden Debatte in der Gesellschaft, das muß offen diskutiert werden, das muß durch alle Talkshows und Schlagzeilen. Nur in einer offenen Auseinandersetzung mit dem Thema kann auch ein notwendiger Wandel im gesellschaftlichen Klima herbeigeführt werden. 11 * Wie aber diese Debatte lostreten? Ein Einzelner kann schreien und heulen, soviel er will, niemand wird ihn hören. Aber auch die Organisationen, die sich die Legalisierung auf die Fahnen geschrieben haben, werden in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen – die Berliner Hanfparade z.B. findet in den Medien so gut wie keine Beachtung. Diese Leute rangieren in der sogenannten "Ernst-zu-nehmen-Skala" etwa auf dem Level von sektiererischen UFO – Spinnern. (Euer Ströbele bildet da eine rühmliche Ausnahme – aber ob er wohl dieselben Töne anschlagen würde, wenn er, sagen wir mal, in Straubing gewählt werden wollte und nicht in Kreuzberg..?) Eine Regierungspartei hingegen ist durchaus in der Lage, eine solche Diskussion zu entfachen. Natürlich würde ein Sturm der Entrüstung von Seiten der Opposition losbrechen, aber was soll's? Das machen die ohnehin bei jeder Gelegenheit. Die blockieren sogar ihre eigenen Gesetzesentwürfe, sobald die Regierung diese übernommen hat. (Und wenn ihr morgen ein Gesetz einbringt, das die Rettung der Welt von allen Übeln jetzt und immerdar garantiert – meint ihr, das würde den Bundesrat passieren?) Auf Parteitagen wird dieser Gegenstand kaum gestreift. Das ist es, was ich euch am meisten ankreide: Die längst überfällige Auseinandersetzung mit dem Thema nicht in Gang gebracht zu haben, nicht in Gang bringen zu wollen. Wer hat denn Angst vor einer solchen Debatte? Ich nicht. Die Faktenlage ist so eindeutig, daß der Gegenseite nichts als Polemik bleibt. Aber so angestrengt ich auch lausche – es ist nichts zu hören... .

Aus derselben Subkultur, aus der die Drogen stammen, seid einst auch ihr Grünen gekommen. Und durch euer opportunistisches Schweigen habt ihr sie verraten!

 

3.3 Systematische Stigmatisierung

Für jene Cannabisuser, die bereits vorbestraft sind, wird in diesem Land das Leben nachgerade unerträglich, seitdem die Polizei flächendeckend mit diesem Drogenschnelltest ausgerüstet ist, bei dem es nur schwarz oder weiß gibt, keine Abstufungen. Wenn solch ein Vorbestrafter in eine Verkehrskontrolle gerät und hat vor drei Tagen einen Joint geraucht, ist er verloren. Weil der Stoff nur sehr langsam abgebaut wird, hat er garantiert noch Spuren im Urin. Da routinemäßig jeder Ausweis im Polizeicomputer gescannt wird – und dort sofort ein großes rotes BTM!!! -Zeichen hinter seinem Namen zu blinken beginnt, (legal, illegal, scheißegal) setzt sich automatisch folgende Prozedur in Gang: Leibesvisitation, Fahrzeugdurchsuchung, Schnelltest. Was denn, positiv? Anruf beim Staatsanwalt: Vorbestraft, Test positiv. Aha. Ganz klar: Gefahr im Verzug, also Hausdurchsuchung, möglichst mit Drogenhund. Und die Nachbarn wundern sich, wieso der nette Kerl von Nebenan sich plötzlich als Verbrecher entpuppt. Denn wer mit drei Polizeibeamten plus Hund im Gefolge auftaucht, muß ja wohl Dreck am Stecken haben. Hirngespinste? Mitnichten!

Genau das, exakt so wie geschildert, ist mir selbst passiert. Wie kann ein derart stigmatisierter Mensch, sollte er denn wundersamerweise den Führerschein noch haben, hierzulande guten Gewissens Auto fahren? Und wenn jemand wissen will, warum er oder sie denn vorbestraft sei, dem sei gesagt: Weil hierzulande bereits die Telefone von Kleinstdealern abgehört werden! Da tun die sich nun wahrlich keinen Zwang mehr an. Nur so nebenbei: Schüler, seid vorsichtig mit dem, was ihr am Handy sagt! So weit ist es mit diesem Staat gekommen... .

 

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9
Vgl.: Hans Cousto: Drogenkompetenz und Drogenmündigkeit – Psychonauten im Untergrund
http://www.drogenkult.net/?file=text002
10
Vgl.: Hanf & Recht:
http://www.cannabislegal.de/recht/index.htm
Vgl.: Cannabis und Führerschein:
http://www.cannabislegal.de/recht/fs.htm
11
Die wichtigste Empfehlung der Drogen- und Suchtkommission im Bundesministerium für Gesundheit an die Adresse der Bundesregierung lautet: "Die Bundesregierung sollte sich einer zu engen eigenen inhaltlich-konzeptionellen Ausrichtung und damit einer vom Grundsatz her zwangsläufig immer auch einseitig wertenden Sicht der Dinge enthalten. So stünde es ihr weder gut an, sich bspw. auf die Seite derer zu schlagen, die etwa eine "suchtmittelfreie Gesellschaft" postulieren, umgekehrt ebenso wenig, sich denen zu verschreiben, die das Konzept der "Drogenakzeptanz" favorisieren. Der Meinungs- und Wertestreit sollte vielmehr im gesellschaftlichen Raum stattfinden, seitens der Bundesregierung dort auch ohne eigene Bewertung zugelassen und schließlich konkreten operativen Entscheidungen der Akteure vor Ort überlassen bleiben."
Zitiert aus: Stellungnahme der Drogen- und Suchtkommission zur Verbesserung der Suchtprävention
http://www.drogenkult.net/?file=text004

Vgl.: Hans Cousto: Neue Wege in der Drogenpolitik?
http://www.drogenkult.net/?file=text003