Kaffe und Tabak aus kultur- und Sozialgeschichtlicher Sicht

Zurück Vor

Eine restriktive Cannabispolitik führt nicht zu tieferen Konsumentenzahlen

Die Prävalenz des Cannabiskonsums steht gemäß internationaler Erfahrung in keinem direkten Zusammenhang mit der Bestrafung oder der Strafbefreiung des Konsums. Es läßt sich nicht nachweisen, daß Staaten mit einer eher restriktiven Cannabispolitik tiefere Konsumentenzahlen ausweisen als Staaten mit einer weniger restriktiven Cannabispolitik.

Als Beispiel einer weniger restriktiven Politik können die Niederlande angeführt werden. Das in den Niederlanden seit Ende 1976 bestehende Coffee-Shop-Modell ist ansatzweise mit den Regelungen, wie sie von den Initianten vorgeschlagene werden, vergleichbar. Erklärtes Ziel der niederländischen Coffee-Shop-Politik ist die Trennung der Märkte von harten und weichen Drogen, womit die Umsteigegefahr bei Cannabiskonsumierenden verringert werden soll. Die aus den Niederlanden erhältlichen Daten weisen darauf hin, daß sich nach einer teilweise starken Zunahme des Cannabiskonsums Ende des letzten Jahrhunderts (von 15% im Jahre 1992 auf 19% im Jahre 2003) die Zahlen stabilisert bzw. abgenommen haben. In Frankreich, das eine eher her restriktive Drogenpolitik verfolgt, konnte ebenfalls eine starke Zunahme des Cannabiskonsums zwischen 1992 und 2002 festgestellt werden (von 11,3% auf 26,2%). Seit ca. 2002 haben die Zahlen über Cannabiskonsum in Europa eine Nivellierung oder sogar eine Reduktion erfahren. Die beiden Beispiele lassen den Schluß zu, daß zwischen der Konsumhäufigkeit und dem erleichterten Zugang zu Cannabisprodukten kein linearer Zusammenhang besteht. Dies entspricht auch verschiedenen Studien, die zum Schluß kommen, daß kein Zusammenhang zwischen der Gesetzgebung eines Landes einerseits und dem Konsumverhalten andererseits besteht.

In der Schweiz ist heute trotz des Verbots der Cannabiskonsum bei Jugendlichen weit verbreitet und auch für einen nicht zu vernachlässigenden Teil der erwachsenen Bevölkerung zu einer Gewohnheit geworden. Verschiedene Studien weisen darauf hin, daß die gesellschaftliche Akzeptanz des Cannabiskonsums zugenommen und der Cannabiskonsum selbst häufig ohne eigentliches Unrechtbewußtsein erfolgt. Die Strafbefreiung des Cannabiskonsums sowie die beschränkte Tolerierung von Anbau und Verkauf von Cannabis-Produkten könnte – gestützt auf die Erfahrungen der Niederlande – eine Erhöhung des Probierkonsums bei Adoleszenten und jungen Erwachsenen mit sich bringen. Es kann jedoch davon ausgegangen werden, daß dieser Probierkonsum bei der überwiegenden Mehrheit eine temporäre Erscheinung bliebe. 277 *

 


Zurück Inhalt Vor
277
zitiert nach: Schweizer Bundesrat: Botschaft der Bundesrate vom 15. Dezember 2006