Fachinformation:
Psychedelika (LSD und Zauberpilze) – Mischkonsum
[Psychedelische Indolalkaloide]

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6. Risiken und Nebenwirkungen

Körperliche Schädigungen – LSD und Zauberpilze führen zu keinerlei Organschäden. Auch die oft wiederholte Behauptung, LSD führe zu Erbgutveränderungen, ist seit langem eindeutig widerlegt. Die Behauptung, dass LSD Chromosomenschäden verursachen könne, wurzelt in einem Artikel von M.M. Cohen, K. Hirschhorn und W.A. Frosch, den sie im November 1967 unter dem Titel "In Vivo und in Vitro Chromosomenschäden, induziert durch LSD-25" im New England Journal of Medicine (NEJM) publizierten. Der Artikel besagte, dass LSD-Konsumenten eine größere Häufigkeit von Chromosomenbrüchen in den weißen Blutkörperchen (Lymphozyten) hätten, als dies bei normalen Leuten der Fall sei. 16 * In den Medien fand diese Publikation enormen Widerhall und diente als Grundlage für eine wahre Propagandaschlacht gegen LSD-Konsumenten. Unerwähnt blieben in den Medien die methodischen Mängel der Studie, obwohl zahlreiche Wissenschaftler in der Folge immer wieder darauf hingewiesen hatten. Keine zwei Jahre später widerlegten drei Forscher eindeutig die These, dass ein Zusammenhang von LSD-Konsum und Häufigkeit von Chromosomenbrüchen bestehe. J.H. Tijo, W.N. Pahnke und A.A. Kurland belegten dies mit einem kontrollierten Experiment, dessen Ergebnisse 1969 im Journal of the American Medical Association (JAMA) unter dem Titel "LSD und Chromosomen: Ein kontrolliertes Experiment" veröffentlicht wurden. 17 * In den Medien wurde dieser Artikel kaum beachtet und man kann bis heute in der Boulevardpresse lesen, dass LSD das Erbgut schädige, obwohl dies seit Jahrzehnten wissenschaftlich eindeutig widerlegt ist.

Schädigungen der Leber bedingt durch die Verstoffwechselung (Abbau) von LSD und Psilocybin sind bis heute ebenso wenig beobachtet (festgestellt) worden wie Schädigungen im Gehirn. Der Konsum von LSD und Psilocybin scheint keine organischen Schädigungen herbeizuführen.

 

Körperliche Nebenwirkungen – Besonders in der Anfangsphase der psychedelischen Reise kann es zu leichten Atembeschwerden, Herzrasen, verändertem Blutdruck und Schweißausbrüchen in Folge einer erhöhten Körpertemperatur kommen. Vor allem durch die optischen Effekte kann es auch in einzelnen Fällen zu Orientierungsschwierigkeiten kommen. Deshalb sollte – vor allem bei noch unerfahrenen Konsumenten – immer eine erfahrene Begleitperson die psychedelische Reise begleiten.

 

Psychische Risiken – Die Risiken beim Gebrauch von LSD und Zauberpilzen liegen eindeutig im psychischen Bereich und sind vor allem von der Persönlichkeitsstruktur der Gebraucher abhängig. Während Menschen ohne größere psychische Probleme vielfach von sehr positiven Erfahrungen und einmaligen Erkenntnissen berichten, finden sich Menschen, die ihre unbewältigten Probleme vor sich herschieben (Verdrängungsspezialisten), Ich-schwache Menschen oder Menschen mit der Anlage zu einer Psychose manchmal bereits nach einmaliger Anwendung in der Psychiatrie wieder. Vor allem bei Nichtbeachtung der beschriebenen Regeln betreffend Set und Setting kann es durch Selbstüberschätzung zu Fehlreaktionen, heftigen Panikanfällen, Horrortrips sowie zur Auslösung von verdeckten Psychosen kommen.

 

Drug, Set und Setting – Die drei Begriffe Drug, Set und Setting zur Beschreibung therapeutischer und ritueller Drogensitzungen wurden in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts von dem Harvard Professor für Psychologie, Timothy Leary, eingeführt. 18 * Der Begriff Set bezieht sich auf das, was jemand in die Konsumsituation einbringt, so die persönlichen Erinnerungen, die eigene Lernfähigkeit, das individuelle Temperament, das vertraute emotionale, ethische und rationale Wertesystem und vor allem die gestellte Erwartungshaltung an die Drogenerfahrung. Das Setting bezieht sich auf das soziale, räumliche und emotionelle Umfeld, das einen vor, während und nach dem Drogengebrauch umgibt. Der wichtigste Aspekt des Settings ist jedoch das Verhalten, das Verständnis und das Einfühlungsvermögen der Person oder Personen, welche die Drogen dem oder den Konsumenten mitbrachten und überreichten. Informationen zu den Eigenschaften der Drogen (drug), das heißt die rein substanzbezogenen Informationen, können aus Büchern oder Broschüren entnommen werden. Demgegenüber entziehen sich die interagierenden Faktoren der inneren Bereitschaft (set) und der äußeren Umstände (setting) einer normierten Betrachtungsweise. Die Beachtung der Erfahrungen mit Drug, Set und Setting hilft Risiken und Nebenwirkungen zu minimieren. Weitere Informationen zu Drug, Set und Setting siehe: Hans Cousto: Drogenkompetenz und Drogenmündigkeit, Psychonauten im Untergrund:
http://www.drogenkult.net/?file=text002

 

LSD, Zauberpilze und Medikamente – Personen, die im Rahmen ihrer Therapie von ihrem Arzt Neuroleptika, insbesondere Phenothiazine oder Antihistaminika verordnet bekommen, sollten generell auf den Gebrauch von Psychedelika wie LSD und Zauberpilze verzichten. Diese Medikamente wirken antagonistisch (aufhebend, gegensätzlich, hemmend) gegenüber den Psychedelika und verhindern die Entfaltung der erwünschten Wirkung. Anderseits können nach dem Gebrauch von Psychedelika genau jene Symptome auftreten, die durch die Einnahme der Neuroleptika und/oder Antihistaminika unterdrückt werden sollen.

Die Medikamente Fluoxetin (Prozac®, Fluctin®, Fluctine®), Sertralin (Zoloft®), Paroxetin (Paxil®, Tagonis®) und Trazodon (Desyrel®, Thromban®) bewirken eine Abschwächung der LSD- respektive Psilocybin-Wirkung. Die Medikamente Imipramin (Tofranil®), Desipramin (Norpramine®, Pertofran®), Clomipramin (Anafranil®) und Lithiumpräparate führen zu einer Verstärkung der LSD- respektive Psilocybin-Wirkung. 19 *

 

Flashback – Ein durch die Einnahme von Psychedelika ausgelöster Flashback ist wahrscheinlich das überraschende Wiederauftreten von Teilen einer psychedelischen Reise – beispielsweise optische oder akustische Wahrnehmungsveränderungen – lange Zeit nach dem eigentlichen Trip. Ärzte nennen Flashbacks auch "persistierende Wahrnehmungsstörungen nach Halluzinogengebrauch" (Halluzinogen Persisting Perception Disorders, HPPD). In den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts beschrieben einige Forscher und Medienleute, die selbst nie in den Genuss einer psychedelischen Reise gekommen waren, einen Flashback als einen unvorhersehbaren Kontrollverlust, verursacht durch weiterbestehende oder dauerhafte Nervenschädigungen, der möglicherweise mit Suizid in Verbindung gebracht werden kann. Auf der 25. Jahrestagung der Gesellschaft für Neurowissenschaften (Society for Neuroscience) im November 1995 wies die Psychologin Shelly Watkins von der Psychologischen Abteilung der California State University in Stanislaus allerdings nach, dass es einen engeren Zusammenhang zwischen Flashback respektive HPPD und Neurotikern gebe als zwischen Flashbacks und LSD-Gebrauchern. Von den Gebrauchern von Halluzinogenen gaben 20% an, sie hätten Erfahrungen gemacht, die man als Flashback bezeichnen könnte. Mehr als die Hälfte davon gab an, dass diese Erfahrungen so leicht und unbedeutend seien, dass sie sich keine Gedanken darüber machten. Bei den übrigen stellten sich nur zwei bis drei von insgesamt acht untersuchten Symptome ein. Aber niemand gab an, dadurch seinen Aufgaben im Alltagsleben nicht mehr genügen zu können. Die US-Amerikanische Drogenbehörde DEA stellte in diesem Zusammenhang fest, dass ironischerweise einige erfahrene LSD-Gebraucher Flashbacks nicht als negative Folge des LSD-Gebrauchs empfinden würden, sondern sich über die wieder aufgetauchten Bilder wie über einen "Gratis-Trip" freuen täten. 20 *

 

7. Rechtliche Aspekte

Mit der Vierten Betäubungsmittel-Gleichstellungsverordnung (4. BtMGlV) 21 * vom 21. Februar 1967, in Kraft getreten am 25. Februar 1967, wurden LSD, Psilocybin und Psilocin in Deutschland den betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften unterstellt, das heißt jeglicher Umgang mit diesen Substanzen war für die Allgemeinheit verboten worden. Heute sind diese Stoffe in Anlage 1 zu § 1 BtMG 22 * (nicht verkehrsfähige und nicht verschreibungsfähige Stoffe) aufgelistet. Frische Pilze waren jedoch aufgrund der Tatsache, dass Pilze keine Pflanzen sind, seinerzeit von dem Verbot nicht betroffen, da gemäß § 2 Abs. 1 BtMG Betäubungsmittel Stoffe sind, die aus einer Pflanze, einem Pflanzenteil oder einem Pflanzenbestandteil in bearbeitetem oder unbearbeitetem Zustand sowie eine chemische Verbindung und deren Ester, Ether, Isomere, Molekülverbindungen und Salze – roh oder gereinigt – sowie deren natürlich vorkommende Gemische und Lösungen, bestanden. Somit waren Pilze und deren Mycelien nicht von den betäubungsmittelrechtlichen Bestimmungen erfasst.

Mit der 15. Betäubungsmittelrechts-Änderungsverordnung (15. BtMÄndV) 23 * vom 19. Juni 2001, in Kraft getreten am 1. Juli 2001, wurden die Pilzmycelien und Sporen von Pilzen in Anlage I zu § 1 BtMG neu aufgenommen. Seither ist der Vertrieb von Pilzmycelien zur eigenen Pilzzucht in Deutschland nicht mehr statthaft. Der Verkauf von frischen Zauberpilzen war damit jedoch nicht verboten worden. Dieses Verbot versuchte die Bundesregierung mit der 19. BtMÄndV 24 * vom 10. März 2005, in Kraft getreten am 18. März 2005, durchzusetzen. Doch die Frage, ob dieses Verbot im Einklang mit dem Handelsrecht der Europäischen Union war, wurde von mit der Materie vertrauten Juristen unterschiedlich beantwortet. Siehe hierzu die Pressemitteilung von Eve & Rave Berlin "19. Betäubungsmittelrechts – Änderungsverordnung. Neuer Absatz in Anlage I zu § 1 BtMG nicht mit EU-Recht kompatibel!":
http://www.eve-rave.net/abfahrer/presse/presse05-03-24.html

Erst mit dem Gesetz vom 17. Juli 2009 (BGBl. I S. 1990) 25 * zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften (AMGuaÄndG) wurde die Begriffsbestimmung von Stoffen in § 2 Abs. 1 BtMG neu verfasst und damit das Verbot des Umgangs mit Pilzen, die den Wirkstoff Psilocybin enthalten, besiegelt. In der Neufassung heißt § 2 Abs. 1 Nr. 1 BtMG jetzt:

"Im Sinne dieses Gesetzes ist Stoff:

  1. chemische Elemente und chemische Verbindungen sowie deren natürlich vorkommende Gemische und Lösungen,
  2. Pflanzen, Algen, Pilze und Flechten sowie deren Teile und Bestandteile in bearbeitetem oder unbearbeitetem Zustand,
  3. Tierkörper, auch lebender Tiere, sowie Körperteile, -bestandteile und Stoffwechselprodukte von Mensch und Tier in bearbeitetem oder unbearbeitetem Zustand,
  4. Mikroorganismen einschließlich Viren sowie deren Bestandteile oder Stoffwechselprodukte."

Gemäß Straßenverkehrsgesetz (§ 24a StVG) 26 * handelt ordnungswidrig, wer unter der Wirkung eines in der Anlage zu dieser Vorschrift (StVG Anlage zu § 24a) 27 * genannten berauschenden Mittels (LSD, Psilocybin und Psilocin sind darin nicht aufgelistet) im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt. Eine solche Wirkung liegt somit nicht vor, wenn LSD, Psilocybin oder Psilicin im Blut nachgewiesen wird. Wenn jedoch Anzeichen von Fahrunsicherheit vorliegen, können sieben Punkte im VZR fällig sein sowie ein Fahrverbot bis zu drei Monaten und eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr. Wenn es zu einem Unfall gekommen ist, kann eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren verhängt werden und Schadensersatzforderungen können geltend gemacht werden, da davon ausgegangen werden kann, dass jeder Gebraucher von LSD und Zauberpilzen weiß, dass die Fahrtüchtigkeit nach dem Konsum psychedelischer Substanzen im Allgemeinen eingeschränkt ist.

Weitere Informationen zur Fahrerlaubnis und Medizinisch-Psychologischer Untersuchung (MPU) siehe: ADAC.



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16
M.M. Cohen, K. Hirschhorn, W.A. Frosch (1967, 16 November): In vivo and in vitro chromosomal damage induced by LSD-25, in: NEJM. 277, S. 1043-1049.
17
J.H. Tijo, W.N. Pahnke, and A.A. Kurland (1969): LSD and Chromosomes: A Controlled Experiment, in: Journal of the American Medical Association (JAMA) 210:849
18
Die Begrifftrilogie "Drug, Set und Setting" wurde von Timothy Leary und seinen Mitforschern Ralph Metzner und Richard Alpert (aka Ram Dass) an der Harvard-Universität in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts zur Beschreibung der grundlegenden Elemente von psychedelischen Sitzungen eingeführt.
Vergl.: Timothy Leary: Politik der Ekstase, Volksverlag, Linden 1982
19
Cheryl Pellerin: Trips. Wie Halluzinogene wirken, AT Verlag, Aarau 2001, S. 171
20
Cheryl Pellerin: Trips. Wie Halluzinogene wirken, AT Verlag, Aarau 2001, S. 21 ff.
21
Vierte Betäubungsmittel-Gleichstellungsverordnung (4. BtMGlV) vom 21. Februar 1967
HTML-Version:
https://www.eve-rave.net/abfahrer/recht.sp?text=122&cat=1&page=0
PDF-Version:
https://www.eve-rave.net/abfahrer/download.sp?id=2420
22
Betäubungsmittelgesetz (BtMG)
http://www.buzer.de/gesetz/631/index.htm
23
Fünfzehnte Betäubungsmittelrechts-Änderungsverordnung (15. BtMÄndV) vom 19. Juni 2001
HTML-Version:
https://www.eve-rave.net/abfahrer/recht.sp?text=19&cat=1&page=0
PDF-Version:
https://www.eve-rave.net/abfahrer/download.sp?id=2940
24
Neunzehnte Betäubungsmittelrechts-Änderungsverordnung (19. BtMÄndV) vom 10. März 2005
HTML-Version:
https://www.eve-rave.net/abfahrer/recht.sp?text=13&cat=1&page=0
PDF-Version:
https://www.eve-rave.net/abfahrer/download.sp?id=3020
25
Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften (AMGuaÄndG) vom 17. Juli 2009 (BGBl. I S. 1990) Artikel 5
http://www.buzer.de/gesetz/8873/a162162.htm
26
StVG § 24a
http://bundesrecht.juris.de/bundesrecht/stvg/__24a.html
27
StVG Anlage zu § 24a
https://www.gesetze-im-internet.de/stvg/anlage.html